20.01.2020 – Unterhaltsverzicht auf Bierdeckel bestätigen? Gängige Irrtümer um die Scheidung

Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Beim Thema Scheidung läuft es vielen eiskalt den Rücken hinunter. Betroffene wissen häufig nicht, wie sie ihr Leben neu ordnen können oder wie es finanziell weitergeht. Zudem kursieren immer wieder Mythen um aufwendige Gerichtsverfahren, Vermögensteilung oder auch um die Frage, wer wem wie lange Unterhalt zahlt. Die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer stellt die populärsten Irrtümer richtig.

 

Irrtum 1: Mit dem Gang zum Anwalt enden die Streitigkeiten teuer vor Gericht

Rechtsberatung rund um eine Scheidung bedeutet nicht automatisch, dass hohe Kosten für Anwalt und Gericht auf einen zukommen. Viele Angelegenheiten lassen sich ohne enormen Aufwand klären. Ein jahrelanges Verfahren, mit dem ein riesiger Aktenberg einhergeht, ist für den Anwalt weder finanziell lukrativ noch inhaltlich reizvoll. Er möchte das Anliegen seines Mandanten möglichst zielstrebig und schnell bearbeiten. Es ist im Sinne aller, Konflikte zu deeskalieren und frühzeitig zu beenden. Wenn die Streitparteien ihre Rechte kennen, ergeben sich die besten Lösungen.

 

Irrtum 2: Scheidungswillige können sich einen Anwalt teilen

Einige Eheleute sind der Annahme, sie könnten ihre Konflikte durch einen gemeinsamen Anwalt günstig und ohne Streit beilegen. Jedoch darf ein Anwalt immer nur einen Ehepartner vertreten. Die andere, nicht anwaltlich begleitete Person kann an den Gesprächen teilnehmen. Jedoch erhält sie keine auf ihre Interessen zugeschnittene Beratung.

 

Eine solche Konstellation kommt infrage, wenn nicht viel geregelt werden muss und kein wesentlicher  Streit besteht. Das Scheidungsverfahren gestaltet sich kostengünstiger, wenn nur ein Anwalt bezahlt werden muss. Bei einer komplexen Ausgangssituation benötigen allerdings meist beide Parteien jeweils einen Anwalt.

 

Irrtum 3: Eheleuten gehört nach der Hochzeit alles zur Hälfte, sogar die Schulden

Alles Hab und Gut, das ein Ehepartner vor der Heirat eigens besitzt und während der Ehe dazu erwirbt, ist auch in und nach der Ehe dessen Alleineigentum. In Deutschland gilt ohne Ehevertrag automatisch der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei einer Scheidung wird für jeden Ehegatten getrennt ermittelt, welchen Zugewinn beide während der Ehe erwirtschaftet haben. Derjenige, der einen höheren Zugewinn hat, muss dem anderen die Hälfte des Mehrbetrages abgeben. Die aufwendige Berechnung dazu führen die Anwälte durch.

 

Nach der gleichen Logik haftet jeder Gatte ebenso alleine für die eigenen Schulden. Davon ausgenommen sind die „Geschäfte des täglichen Lebens“ (§ 1357 BGB), unter die etwa Rechnungen für Öl, Gas und Strom fallen. Auch Kosten für die gemeinsame Lebenshaltung wie Einkäufe oder Arztrechnungen zählen dazu, aber nicht etwa Darlehen, die nur von einem Ehegatten unterschrieben worden sind.

 

Irrtum 4: Ein Ehevertrag muss vor der Hochzeit geschlossen werden

Ein Ehevertrag regelt häufig unter anderem, wie das gemeinsame Vermögen nach Auflösung einer Ehe aufgeteilt wird. Entgegen der landläufigen Meinung können Verheiratete eine solche Vereinbarung auch noch  während einer Ehe besiegeln und gegebenenfalls ändern. Gültig ist ein Ehevertrag im Übrigen nur, wenn er durch einen Notar beurkundet wird.

 

Irrtum 5: Eine Scheidung gegen den Willen des anderen ist erst nach drei Jahren Trennung möglich

Bereits nach einjähriger Trennung kann ein Ehegatte einen Scheidungsantrag stellen. Die scheidungswillige Partei muss den Richter dann überzeugen, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zerrüttet ist und sich nicht wieder herstellen lässt. Im Härtefall, etwa wenn schwerer Ehebruch, schwere Misshandlungen oder Morddrohungen nachgewiesen werden, kann eine Ehe vor Ablauf des ersten Trennungsjahres geschieden werden.

 

Irrtum 6: Ehegattenunterhalt muss nur im ersten Trennungsjahr gezahlt werden

Je nach Ehedauer und Umständen ist in der Regel  auch nach Ablauf des ersten Trennungsjahres  Unterhalt zu gewähren, der unter Umständen befristet werden kann. Der vermögendere Gatte muss dem wirtschaftlich Schwächeren im ersten Jahr der Trennung ohne Wenn und Aber Trennungsunterhalt zahlen. Ist dieses Jahr vorüber, hat sich der unterhaltsbedürftige Ehepartner eigenverantwortlich um Einkommensmöglichkeiten zu kümmern. Tut er das nicht, kann ihm fiktives Einkommen angerechnet werden. Es ist jedoch auch dann noch Ehegattenunterhalt zu zahlen, wenn beide in Vollzeit arbeiten und dennoch Einkommensunterschiede vorliegen.

 

Irrtum 7: Unterhaltsverzicht gilt auf einem losen Zettel

Den Unterhaltsverzicht auf einer einfachen Notiz, einem Zettel oder gar einem Bierdeckel bestätigen zu lassen, ist seit Jahren vor der Scheidung nicht mehr möglich. Mittlerweile gibt es Formerfordernisse. Entweder muss der Unterhaltsverzicht  von einem Notar schriftlich festgehalten oder von einem Gericht protokolliert werden.

 

Irrtum 8: Eltern werden zum Umgang mit ihrem Kind gezwungen

Eigentlich stehen beide Eltern grundsätzlich in der Pflicht, ihr Kind zu pflegen und zu erziehen. Das gilt auch, wenn sie sich trennen. Möchte ein Elternteil jedoch partout keinen Umgang mit seinem Kind, kann es dem Kindeswohl zuwider laufen, ihn dennoch dazu zu zwingen. Da der unfreiwillige Umgang von Mutter oder Vater also schädlich für das Kind sein könnte, wird von einem Umgangszwang abgesehen.

 

 

Im Zweifelsfall sollten Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Anwältinnen und Anwälte nennt auf Anfrage in der Zeit von 9 bis 12 Uhr die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer unter der Telefonnummer 04621/9391-11 oder der Anwaltsuchdienst im Internet: https://www.rak-sh.de.

 

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind unabhängige Berater in allen Rechtsangelegenheiten. Sie vertreten ausschließlich die Interessen ihrer Mandantinnen und Mandanten, helfen bei der Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen und erarbeiten wirtschaftlich vernünftige Lösungen. Die Anwältin bzw. der Anwalt und die Mitarbeiter sind zur strikten Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen auf keinen Fall das Vertrauen der Mandantinnen oder Mandanten durch die Wahrnehmung widerstreitender Interessen enttäuschen.

 

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