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Schleswig-Holsteinischen
Notarkammer
10.06.2020 – Rechte von Heimbewohnern und Angehörigen – Pflegefehler eindeutig belegen
Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Die eigenen vier Wände gegen ein Pflegeheim tauschen: Für viele direkt Betroffene und ihre Angehörigen ist dies ein schwieriger Schritt. Nicht selten sorgen sich ältere und pflegebedürftige Menschen, ob sich das Personal angemessen kümmern wird. Gibt es ein Recht auf ‚gute‘ Pflege? Welchen Spielraum haben Angehörige, wenn Missstände oder Fehler auftauchen?
Gute Pflege schwer einklagbar
Eine gute Einrichtung zeichnet sich durch sogenannte aktivierende Pflege aus: Das Personal fördert die dort lebenden Menschen, sich nach eigenen Möglichkeiten selbständig und unabhängig zu bewegen. Aus personellen und wirtschaftlichen Gründen wird dies allerdings nicht immer ausreichend umgesetzt. Im Einzelfall ist es jedoch schwer einklagbar, wenn ein Heim eine solche aktivierende Pflege nicht leistet.
Anders verhält es sich, wenn Bewohnerinnen oder Bewohner dadurch einen Schaden erleiden, dass die Einrichtung oder das Personal die Obhuts- und Sorgfaltspflichten verletzt haben. Zwar ist es nicht einfach, dies eindeutig zu belegen. Betroffenen kommen jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Beweiserleichterungen zugute. Hierüber klären Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte genau auf. Betroffene und ihre Angehörigen können sich an den folgenden, maßgeblichen Beispielen orientieren.
Heime müssen individuelle Risiken erfassen
Ob pflegebedürftig oder nicht, laufen Seniorinnen und Senioren häufig Gefahr, zu stürzen. Fällt jemand im Heimalltag hin, lässt sich nicht gut nachverfolgen, wer für den Sturz verantwortlich ist. Um bei gravierenden Verletzungen wie einem Schenkelhalsbruch legitim Schadensersatz zu fordern, müssen Betroffene belegen, dass ein Pflegefehler vorliegt und dieser zum Sturz und seinen Folgen führte.
Einrichtungen müssen für alle dort lebenden Personen die individuellen Sturzrisiken erfassen und sich prophylaktisch danach ausrichten. Wenn ein Bewohner dement ist und Gefahren deshalb nicht mehr richtig beurteilen kann, ist sein Sturzrisiko erhöht. Für ihn können schützende Hilfsmittel beispielsweise ein niedriges Bett mit davor liegenden, rutschfesten Matten oder spezielle Hosen mit Hüftschutz sein.
Sturz in der Dusche: Recht oft auf Seite der Betroffenen
Fällt hingegen etwa eine Seniorin bei einer konkreten Pflegemaßnahme, muss der Träger des Heims beweisen, dass der Sturz nicht abgewendet werden konnte, obwohl vorher alles zum Schutz unternommen worden war. Gegen die Einrichtung vorgehen können Bewohnerin und deren Angehörige, wenn Folgendes gegeben ist: Eine demente Betroffene ist alleine nicht steh- und gehfähig und hätte zum Beispiel beim Toilettengang beaufsichtigt werden müssen, jedoch wurde sie von niemandem aufmerksam begleitet. Ähnliche Aussichten auf Erfolg haben Betroffene, wenn sich Unfälle von Pflegebedürftigen in der Dusche zutragen oder beim Transfer vom Bett in den Rollstuhl. In diesen Fällen wird vermutet, dass die Pflegekräfte ihren Obhutspflichten nicht nachgekommen sind.
Schwere Druckgeschwüre deuten auf Pflegefehler hin
Durchliegegeschwüre sind ein weiteres Problem, das bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen leider immer wieder auftritt. Ist beispielsweise ein älterer Herr für längere Zeit bettlägerig und nur sehr eingeschränkt beweglich, entsteht Druck auf der Haut und auf dem Unterhautgewebe. Ist der Mann geistig eingeschränkt oder sediert, muss das Personal sorgfältig dokumentieren, welches Risiko für ein Druckgeschwür besteht, seine Liegeposition regelmäßig ändern und bei ersten Anzeichen die Druckstellen umgehend behandeln. Wird dies nicht ordnungsgemäß dokumentiert und treten schwere Schädigungen auf, ist von einem Pflegefehler auszugehen, der geahndet werden kann.
Demenzkranke nicht mit heißen Getränken alleine lassen
Auch heiße Speisen, Getränke oder Badewasser können für ältere oder kognitiv eingeschränkte Menschen gefährlich werden. Zum Beispiel darf eine Demenzkranke nicht mit einer Kanne heißem Tee alleine gelassen werden. Das Risiko ist zu groß, dass sie den Tee verschüttet und sich schwere Verbrühungen zuzieht. Mehr als heikel wird es auch, wenn eine geistig behinderte Person duscht und die Temperaturregelung nicht genau abschätzen kann. Für einen solchen Fall muss der Heimbetreiber eine Temperaturbegrenzung technisch realisieren.
Schadensersatz in eindeutigen Fällen
In jedem Fall ist es sinnvoll, wenn sich Angehörige von vornherein beim Pflegepersonal nach den täglichen Abläufen oder auch präventiven Maßnahmen erkundigen. Erleidet jemand einen der beschriebenen Schäden und weisen die Indizien deutlich darauf hin, dass Pflegemängel vorliegen, steigen für Betroffene die Chancen, Schadensersatz oder Schmerzensgeld zu erhalten. Im Zweifelsfall sollten Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zurate ziehen. Anwälte und Anwältinnen nennt auf Anfrage in der Zeit von 9 bis 12 Uhr die Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer unter der Telefonnummer 04621/9391-11 oder der Anwaltssuchdienst im Internet: https://www.rak-sh.de/.
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