06.10.2015 – Gerichtlich angeordnete Betreuung verhindern – Mit Vollmachten Vertrauensperson ermächtigen

Schleswig-Holsteinische Rechtsanwaltskammer. Eine psychische Krankheit, ein Unfall oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung – seine persönlichen Angelegenheiten selbst  nicht mehr regeln zu können, kann jeden treffen. In solchen Situationen benötigen Erwachsene einen gesetzlicher Vertreter, einen sogenannter Betreuer, der wichtige wirtschaftliche und persönliche Dinge in Vertretung bestimmt. Viele machen sich Sorgen, dass gerichtlich angeordnete Betreuer gegen ihren Willen handeln oder sich nicht ausreichend um sie kümmern. Wer die vertrauensvolle Aufgabe der Betreuung keinem Fremden überlassen möchte, sollte eine Vorsorgevollmacht aufsetzen. Dass in diesen Lebenslagen automatisch Ehegatten oder Kinder stellvertretend für die Pflegebedürftigen entscheiden, ist ein Irrglaube.

Vorsorgen ist keine Frage des Alters
Jeder kann einen vertrauenswürdigen Menschen wählen, der nicht nur bereit, sondern auch in der Lage ist, vermögensrechtliche wie persönliche Angelegenheiten zu regeln, wenn man es selbst nicht mehr tun kann. Eine Vorsorgevollmacht sollte möglichst alle denkbaren Lebenssituationen abdecken – darunter zählt z.B. das Recht, Entscheidungen über den Aufenthalt des Erkrankten zu treffen oder freiheitsentziehenden Maßnahmen zuzustimmen. Auch medizinische Einwilligungen muss der Betroffene ausdrücklich anweisen und die zukünftigen Ärzte vorab von der Schweigepflicht entbinden. Erst dann dürfen die Mediziner der Vertrauensperson alles über die Erkrankung des Vollmachtgebers anvertrauen.

Bringt der Betroffene in einer Vorsorgevollmacht zum Ausdruck, dass eine gerichtlich angeordnete Betreuung vermieden werden soll, spricht man von einer Betreuungsverfügung. Eine solche Verfügung verhindert bereits im Vorfeld die Bestellung eines Betreuers.

Selbstbestimmung bewahren
Der Betroffene kann mehrere Personen – z.B. den Ehegatten und die Kinder – gleichberechtigt nebeneinander bevollmächtigen. Einen Bevollmächtigten aus der nachfolgenden Generation zu wählen, erweist sich vor allem dann als sinnvoll, wenn der Betroffene selbst wie auch der Ehepartner älter sind.

Befinden sich Immobilien im Vermögen, sollte der Vollmachtgeber die Vollmacht bei einem Notar beurkunden lassen. Außerdem ist es ausdrücklich empfehlenswert anzuordnen, dass die Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten soll. Ist der Bevollmächtigte auch der (Mit-)erbe des Vollmachtgebers, hat er die Möglichkeit, bereits die dringendsten Angelegenheiten nach dessen Tod zu regeln.

Falls man der bevollmächtigten Person nicht mehr vertraut, kann die Vollmacht widerrufen werden. Auch Erben können eine Vorsorgevollmacht des Verstorbenen widerrufen. Der Widerruf kann formlos, also sogar mündlich, erfolgen. Wichtig ist aber, dass sich der Betroffene das Vollmachtsexemplar, das er dem Bevollmächtigten ausgehändigt hat, zurückgeben lässt.

Vollmacht mit Patientenverfügung kombinieren
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine Vorsorgevollmacht mit einer Patientenverfügung zu verbinden. Diese kann aber auch getrennt von einer Vollmacht oder ohne Vollmacht getroffen werden. In einer Patientenverfügung können Betroffene festlegen, ob sie für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe zustimmen oder sie untersagen.

Betreuer vorschlagen
Für Pflegebedürftige, die mit einer Vollmacht nicht  vorgesorgt haben, wird auf Antrag vom Amtsgericht ein Betreuer bestellt. Viele empfinden den Einsatz eines Betreuers als Entmündigung, tatsächlich jedoch folgt das Betreuungsgericht meistens dem Vorschlag der Antragsteller, einen nahen Angehörigen wie den Ehepartner oder eines der erwachsenen Kinder zum Betreuer zu ernennen. Allerdings muss die betreuende Person gegenüber dem Gericht Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen, etwa wenn Vermögen zu verwalten ist. In der Regel erfolgt dies einmal jährlich.

Betroffene sollten wissen, dass ein Betreuer nicht erst dann zum Einsatz kommt, wenn festgestellt wird, dass der Erkrankte geschäftsunfähig ist. Bereits der Umstand, dass der Betroffene auf Dauer bettlägerig krank ist, kann ein Betreuungsverfahren notwendig machen. Falls der Betreute trotz Erkrankung geistig gesund ist, muss der Betreuer sämtliche Handlungen, die er vornehmen will, mit diesem abstimmen. Sollte ein Bevollmächtigter erkennbar nicht zum Wohle des Vollmachtgebers handeln, besteht die Möglichkeit, einen Kontrollbetreuer einsetzen zu lassen.

Bei alleinstehenden Menschen, die keine besondere Vertrauensperson kennen, ist die gerichtliche Betreuung durchaus eine sinnvolle Alternative.

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